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Besuch der Bildungsministerin Frau Ernst

Zwei gute Gründe führten Britta Ernst, die Ministerin für Schule und Berufsbildung des Landes Schleswig-Holstein, gestern in die Schule St. Nicolai: Zum einen wollte sie sich im Zuge ihrer landesweiten Besuche selbst die Schule anschauen, die beim Deutschen Schulpreis gerade mit dem zweiten Platz ausgezeichnet wurde, und zum anderen nutzte sie die Gelegenheit, den neuen Sachunterricht auf Sölring zu erleben. Begleitet wurde die Ministerin dabei von der Minderheitenbeauftragten Renate Schnack sowie von der Schulrätin für Nordfriesland, Astrid Finger. Neben Bürgermeister Nikolas Häckel und Bürgervorsteher Peter Schnittgard für die Gemeinde Sylt waren auch Vertreter verschiedener Minderheitensprachen vor Ort in Westerland.

Seit Beginn des neuen Schuljahres haben Kinder der 1. und 2. Klassenstufe die Wahl: Sie können beim Sachunterricht entweder für Sylter Friesisch oder für Deutsch entscheiden. Fünf Kinder haben Sölring gewählt und werden von der Lehrerin Britta Frank zwei Stunden die Woche unterrichtet. Die Unterrichtsinhalte, die vermittelt werden, unterscheiden sich dabei nicht von denen des deutschsprachigen Unterrichts. Sölring wird quasi nebenbei gelernt. „Kinder sind in diesem Alter enorm aufnahmefähig. Allein durch das Hören der Sprache nehmen sie Begriffe auf und wenden sie an“, erläutert die engagierte Lehrerin und zieht Parallelen zu Flüchtlingskindern, die innerhalb kürzester Zeit die Sprache eines neuen Landes erlernen würden.

Der Unterrichtsbesuch gibt ihr Recht. Obwohl sie erst ihre zweite Sölring-Sachunterrichtstunde haben, fremdeln Christin, Lana und ihre drei Mitschüler nicht mit der Sprache der Insel. Sie lernen, wie eine Ampel funktioniert und beschreiben die Farben eben nicht auf Deutsch, sondern auf Sylter Friesisch.

Mit diesem neuen Sprachangebot unternehmen Landesregierung und Sylter Schulen einen weiteren gemeinsamen Schritt, um die Sprache der Insel am Leben zu erhalten. Zwei große Herausforderungen müssen hierfür überwunden werden. Erstens: Die Kinder, die in der Schule und teilweise auch schon im Kindergarten Sölring gelernt haben, brauchen Gelegenheiten, um Sölring über den Schulalltag hinaus zu sprechen. Weil ihre Eltern häufig selbst nur mit Deutsch aufgewachsen sind , gibt es zuhause nur selten die Möglichkeit hierzu.

Die zweite Herausforderung stellen die fehlenden Lehrkräfte dar. Britta Frank ist momentan die einzige hauptamtliche Lehrerin, die auf Sölring unterrichtet – und das nicht nur an der Westerländer Schule St. Nicolai. An anderen insularen Grundschulen bietet sie die Sprache als freiwillige Arbeitsgemeinschaften an, die häufig von über zwanzig Kindern pro Schule besucht werden.

Gemeinsam diskutierten die Gäste über Lösungen: Lehrer, die eine andere Fächerkombination aufwiesen, trotzdem aber Sölring sprechen und unterrichten wollten, sollten beispielsweise eine Möglichkeithierzu bekommen. Für diese sowie andere Vorschläge hatte Ministerin Ernst offene Ohren, schließlich würde ihr Ministerium das Vermitteln von Minderheitensprachen auch finanziell unterstützen. Daran, das Sölring sterben zu lassen, hätte sie deshalb bestimmt kein Interesse. Schwierig seien ihrer Meinung nach allerdings die engen Budgets, denn landesweiter Stundenausfall sowie fehlende Lehrerstellen hätten hohe Priorität und so müsse es schon eine deutliche Forderung von Eltern der Sylter Schulkinder nach einem Unterricht auf Sölring geben, um das Einsetzen der begrenzten Landesmittel zu rechtfertigen.

Beeindruckt zeigtesich die Ministerin vom Gesamtkonzept der Schule St. Nicolai. Schulleiter Horst-Peter Feldt führte seine Gäste durch verschiedener Unterrichtsstunden und bot damit einen Überblick darüber, wie breit seine Schule aufgestellt ist. Neben der Grundschule gibt es an ST. Nicolai auch das Förderzentrum. Hier werden Schulen und Kindertagesstätten der Insel im Bereich Prävention, Integration und Sprachheilarbeit unterstützt. Gleichzeitig ist die Schule auch Zentrum für Deutsch als Fremdsprache. Fast schon berührend sangen hier Kinder unterschiedlichster Nationen auf kroatisch, polnisch, russisch und weiteren Sprachen ein Lied für die Ministerin und die Besucher.

Im „Haus der kleinen Forscher“ durfte Britta Ernst dann einer vierten Klasse über die Schulter schauen, die dem Forschungsauftrag nachging, Luftballons mit möglichst viel Wasser zu befüllen. In der jahrgangsgemischten Montessori-Klasse konnte die Ministerin Kinder der verschiedenen Klassenstufen bei ganz unterschiedlichen Aufgaben beobachten: Rechenspiele am Computer, das Erlernen der Uhr oder beim Benennen der Inseln und Halligen.

In den Mittelpunkt seiner Schule stellt Horst-Peter Feldt die Individualisierung – „sowohl nach oben als auch nach unten.“ Die Schule St. Nicolai legt ihr Augenmerk nicht nur auf Kinder mit Lernschwächen oder Behinderungen, sondern auch auf die Hochbegabten. Für sie wurde ein eigener Raum eingerichtet, in dem sie mit speziellem Lernstoff versorgt werden. Neu ist auch der Snoelze-Raum, der den Kindern mit seiner beruhigenden und kuscheligen Einrichtung die Möglichkeit gibt, sich aus dem Schulalltag einmal zurück zuziehen.

Nach einem so facettenreichen und eindrucksvollen Rundgang konnte die Ministerin Horst-Peter Feldt nur zu seiner Schule gratulieren: „Sie haben gearbeitet, stolz sind wir alle.“


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